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Die vollstreckbare öffentliche Urkunde – eine starke Neuheit

Mit der neuen eidgenössischen Zivilprozessordnung (ZPO) wurde die vollstreckbare öffentliche Urkunde erstmals in die Schweizerische Rechtsordnung eingeführt. Im europäischen Rechtsraum ist diese seit längerem verbreitet und diese ausländischen Urkunden wurden in der Schweiz auch anerkannt und vollstreckt. Nur selber kannte die Schweiz dieses Institut bislang nicht.

Vorteil

Wesentlich für die vollstreckbare öffentliche Urkunde ist, dass der Gläubiger seinen in der Urkunde definierten Anspruch einfacher vollstrecken kann. Zwar handelt es sich bei der vollstreckbaren öffentlichen Urkunde nicht um ein Gerichtsurteil und die verpflichtete Person hat auch während laufender Vollstreckung die Möglichkeit das Gericht anzurufen; jedoch sind die Abwehrmöglichkeiten des Schuldners im Vollstreckungsverfahren beschränkt.

Insbesondere reicht es nicht aus, wenn er seine Einwendungen bloss glaubhaft macht. Es muss ihm der Urkundenbeweis gelingen, ansonsten die Vollstreckung ihre Fortsetzung nimmt.

Inhalt

Sowohl Geldforderungen wie auch beliebige andere Leistungen können gesichert werden. In Frage kommen damit auch Sachleistungen (z.B. Lieferung von Ware, Bauleistungen), die Abgabe von Willenserklärungen (z.B. Grundbuchanmeldung), aber auch ein Dulden und Unterlassen (z.B. Verzicht auf eine Baueinsprache). Nur im Bereich des Konsumentenrechts wie auch im Miet- und Arbeitsrechts dürfen Ansprüche nicht direkt vollstreckbar gemacht werden.

Errichtung

Die öffentliche vollstreckbare Urkunde wird von einer Urkundsperson errichtet und muss insbesondere folgende Elemente enthalten:

  • explizite Erklärung des Schuldners, dass er sich der direkten Vollstreckung unterwirft;
  • Rechtsgrund der geschuldeten Leistung;
  • Genügende Bestimmtheit der geschuldeten Leistung und Anerkennung durch den Schuldner.

Bei Errichtung der Urkunde muss die Leistung noch nicht fällig sein. Erst bei Einleitung des Vollstreckungsverfahrens muss der Gläubiger mit Urkunden die Fälligkeit beweisen können.

Direkte Vollstreckung

Hat die Urkunde eine Geldleistung zum Gegenstand, richtet sich die Vollstreckung nach dem SchKG. Allerdings hat der Schuldner seine Einwendungen nicht bloss glaubhaft zu machen, sondern mit Urkunden sofort und vollständig zu beweisen. Ausserdem gilt die Urkunde als definitiver Rechtsöffnungstitel.

Hat sich z.B. der Erwerber eines noch zu erstellenden Hauses für den Kaufpreis der sofortigen Vollstreckung unterworfen, so wird er allfällige Mängeleinreden kaum sofort mit Urkunden beweisen können. Der Erwerber wird in aller Regel den vereinbarten Kaufpreis vollständig bezahlen müssen. Sodann muss er seine Minderungsansprüche in einem separaten, ordentlichen Gerichtsverfahren geltend machen und trägt darin die ungeliebte Klägerrolle.

Ohne Vollstreckungsunterwerfung hätte der Käufer ganz einfach einen Teil des Kaufpreises zurückbehalten können und es wäre Sache des Gläubigers gewesen, den Gerichtsprozess einzuleiten. Und erst danach wäre es dann eventuell zur Vollstreckung des Anspruchs gekommen.

Lautet die öffentliche Urkunde nicht auf die Leistung einer Geldsumme (sondern z.B. auf die Abgabe einer Willenserklärung), so stellt die Urkundsperson auf Antrag des Gläubigers hin dem Schuldner eine beglaubigte Abschrift der Urkunde zu und setzt gleichzeitig eine Frist von 20 Tagen zur Erfüllung. Lässt der Schuldner diese Frist verstreichen, kann der Gläubiger sofort beim zuständigen Gericht ein Vollstreckungsgesuch stellen. Auch dies vereinfacht und beschleunigt die Interessenwahrung des Gläubigers.

In Kürze

Die vollstreckbare öffentliche Urkunde ist ein sehr wirksames Instrument des Gläubigers zur schnelleren Vollstreckung seiner Forderung. Eine gerichtliche Überprüfung der Forderung bleibt zwar jederzeit möglich, hindert aber die Fortführung des Vollstreckungsverfahrens wohl nur im Ausnahmefall. Überall dort, wo der Gläubiger schon im Voraus die besten Voraussetzungen zur vollstreckungsrechtlichen Durchsetzung seines Anspruchs schaffen, bzw. überall dort, wo die
Verteidigungsmöglichkeiten des Schuldners maximal eingeschränkt werden sollen, stellt die vollstreckbare öffentliche Urkunde die Lösung dar.

Aufgrund der Kosten der Beurkundung ist allerdings damit zu rechnen, dass dieses Instrument nur dann Anwendung finden wird, wenn die Höhe der in ihrer Vollstreckung zu sichernden Forderung dies auch rechtfertigt. Dabei dürfte die vollstreckbare öffentliche Urkunde nicht nur bei Aufnahme einer Vertragsbeziehung, sondern auch bei deren Beendigung, beispielsweise durch aussergerichtlichen Vergleich, zum Einsatz gelangen.